Der Blick in den Spiegel

Veröffentlicht auf von Lukas Berberich

Ich stehe auf. Montag. Ich richte den Blick auf den Wecker: 8:16 Uhr.Immer wieder das Gleiche. Der gleiche Rythmus. Aufstehen, in den Spiegel blicken., Spiegelreflex. Ich sehe mich im Spiegel und denke mir wieder einmal: Oh Gott. Wie seh ich denn aus. Das wird heute wieder nichts.

 

Ich gehe in die Küche und schiebe einen Toast in den Toaster. Ich öffne den Kühlschrank, doch der Blick ins Innere ist ernüchternd. Ein Packen Butter der schon seit längerem im Kühlschrank liegt und zwei Joghurts die ich mir gestern im Supermarkt gekauft habe. Hmm. Nicht viel Auswahl. Ich nehme die Butter und setze mich mit einem Teller an den Tisch. Ich schlage die Zeitung auf. Super. Schon wieder irgendwo Menschen in einem Krieg gestorben. Warum schreibt die Zeitung nur die schlechten Dinge? Warum kann nicht mal drin stehen: Der Krieg ist zu Ende?!


Der Geruch eines verbrannten Toasts gibt mir zu verstehen, dass ich schon wieder einen neuen Toaster brauche und, dass der Toast schon mehr als fertig ist. Ich lege die Zeitung zur Seite und nehme vorsichtig den Toast aus dem Toaster. Verdammt. Warum müssen die nur immer so heiß sein? Ich setze mich an den Tisch und beschmiere den Toast mit der schon leicht ranzigen Butter. Mich fasziniert wie die Butter auf dem Toast schmilzt. Ich starre mich fest.


Blick auf die Uhr: 8:29 Uhr. Mist. Ich muss mich beeilen. Ich renne ins Bad, ziehe mich um. Mein Magen knurrt. Aktenkoffer in die Hand, schnell noch den Toast aus der Küche mitnehmen. Ein letzter Blick in den Spiegel, das freundliche Lächeln aufsetzen und mit dieser Maske hinaus in diese Welt. Diese Welt voll mit Masken.

 

Ich muss nur 2 Minuten laufen um an der U-Bahnstation zu sein. Positiv. Negativ bei dieser Sache ist, dass man das Gefühl hat, dass nachts vor dem Fenster meines Schlafzimmers zum Spaß die Polizei stünde und alle 5 Minuten die Sirene heulen lässt. Ich werde von Lärmen einerseits von Menschen andererseits von Zügen aus meinen Gedanken gerissen. Dieser Geruch. Eine Mischung aus Urin und verbranntem Gummi. Ich nene ihn "Au de Toilette a la cité".

 

Die Bahnhofsuhr zeigt 8:37 Uhr an. Noch eine Minute. Schnell noch ne Tageszeitung gekauft. Ich setzte mich hin, schlage die Zeitung auf und höre das Rauschen des Zuges der durch den Tunnel brescht. Unnötig. Hätte ich auch stehen bleiben können. Ein unangenehmes Geräusch später und der Zug steht. Die Türen gehen auf und alle drängen auf sie zu. Zum Glück mag ich es öffentlich mit vielen Unbekannten zu kuscheln. Ich sage immer: "Lieber Bahn fahren als gar keine Liebe." An einem Halter hängend schleudere ich durch die Bahn. Jeden morgen das Gleiche. Jeden Morgen diese Trägheit.

 

Wusch. Lichter, Leute und Leinwände. Sie zischen an mir vorbei. Alles verschwommen. Aber ich bin mir nie sicher ob es an der Geschwindigkeit oder meinen müden Augen liegt. Zack. Mein Körper fliegt in Richtung Zugführerkabine. Zum Glück habe ich die Hand im Halter hängen. Die Türen öffnen, ich kann raus aus diesem Käfig. Der Geruch von "Au de Toilette a la cité" steigt mir wieder in die Nase. Treppe hoch, weitere 3 Minuten bis zum Gebäude. Ja. Bis zu DEM Gebäude. Das Gebäude in dem ich knapp 50 Prozent meiner Zeit verbringe. Und nein, es ist kein Kriminalamt. Schiebetür auf und ich trete ein.

 

 

 

 

 

 

 


Lukas Berberich, 16.09.2011

Veröffentlicht in (Kurz-)Prosa

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